Zittauer Träume- mit 2 Robur durch die algerische Sahara

 

Eine Herausforderung braucht der Mensch, aber diese in unserer heutigen modernen Zeit auch zu finden, ist nicht so einfach.

Anknüpfend an unsere bisherigen Afrika- Reisen und der Tatsache sich bisher als Mitreisender an den Fahrzeugen der Freunde beteiligt zu haben, stärkte in uns den Wunsch einmal selbst das eigene Fahrzeug nach Afrika zu lenken. Die Auswahl an modernen Autos ist dabei groß, aber die finanziellen Aufwendungen für ein geländetaugliches Auto stehen meist in einem nicht zu rechtfertigenden Verhältnis zur Reisedauer.

Also was war näher liegend sich einem Gefährt anzunehmen, welches exotischer für eine solche Reise nicht sein konnte, dem Robur aus Zittau.

Oft wegen seiner unzuverlässigen Technik und Verarbeitungsqualität verachtet, ernteten wir meist nur Spott für unser Vorhaben. Aber gerade dieser hat uns angetrieben unser Projekt konsequent voran zutreiben. Wir entrissen also diese Klein- LKW mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 5,5 t aus ehemaligen NVA-Bestand der drohenden Verschrottung und bauten sie in 2 Jahren Wochenendarbeit zu afrikatauglichen

Wohnmobilen auf und um.

 

Wie gewohnt wurde die Fährverbindung von Genua nach Tunis als kürzeste Verbindung nach Afrika genutzt. Die Einreise nach Tunesien erfolgte am 23.02.2003. Wir verlassen auf kürzestem Weg das Land, um uns so Algerien um so intensiver widmen zu können.

Wir wollen uns in den ersten Tage so viele Kilometer wie möglich nach Süden bewegen und haben uns deshalb Tamanrasset als südlichsten Punkt unserer fünfwöchigen Reise gewählt! Deshalb nutzen wird auch die von El Qued, Touggourt, Quargla und El Golea führende Teerstraße die allerdings teilweise wesentlich schlechter ist als jede Piste. Geschlafen wird in den Fahrzeugen. Wir suchen uns immer im Umfeld der Straße einen Schlafplatz und unternehmen dabei die ein oder andere Piste oder Dünenfahrt!

Auch pflegen wir einen recht nahen Kontakt zu den Menschen. Wir werden mehrfach von der Straße weg nach Hause zu ihnen eingeladen und erhalten so einen tiefen Einblick in die Lebensweise. Aber auch die kulinarischen Genüsse kommen nicht zu kurz. Die Menschen  teilen meist ihre letzten Vorräte für solch ein Essen mit uns. Wir bedanken uns dabei stets mit mitgebrachten praktischen und für uns entbehrlichen Dingen!

Nachdem wir Tamanrasset erreicht haben, erklimmen wir dann das wunderschöne Plateau Hoggar-Gebirge bei einem Fußmarsch zum Sonnenaufgang. Wir verbringen ein paar sehr erlebnisreiche Tage rund um dieses Gebirgsmassiv.

Fahrerisch sehr anspruchsvolle, teilweise am Rande des Machbaren, Abschnitte wechseln sich ab mit landschaftlich reizvollen Pisten. Teilweise sind die Pisten nach den Winterniederschlägen so ausgespült, dass wir uns alternative Wege durch die angrenzende Qued's bauen müssen! Landschaftlich besonderes hervorzuheben ist das Qued in der Nähe von Hirhafok . Dort finden wir sogar Wasser vor und erhalten so die Möglichkeit ausgiebig zu baden. Zu unserer großen Verwunderung befinden sich sogar Fische im Wasser. Da jeder ordentliche Saharareisende auch eine Angel zu seiner Ausrüstung zählt, konnte wir dann im Verlaufe des Nachmittages auch 10 mittelgroße Barbe du Dessert zu grillen an unser Lagerfeuer einladen! Lecker.

Die Fahrt geht weiter über Hirhafok. Dort erhalten wir in einer der Schmuckschmieden einen Blick in die Kunst der Tuareg. Unsere nächste Herausforderung war es nun die Piste von Ideles über Bordj el Haoues bis nach Djanet die Oase aller Saharareisender zu bewältigen. Anfangs war es trotz GPS und einer guten Karte den Einstieg in die Piste zu finden. Wir fahren bis in die Abendstunden und schlafen auf einer flachen Ebene . Am nächsten Morgen setzen wir die Reise fort, bis plötzlich mein Robur nicht mehr weiter will. Im tiefen Sand lässt sich nicht so richtig die Ursache des mechanischen Antriebsproblems ausmachen. Der Motor läuft aber er will keinen Meter vorwärts. Wir versuchen ihn nun abzuschleppen. Aber im Tiefsand geht es bald nicht mehr vorwärts und die Temperatur steigt so sehr, dass wir mit offenen Türen, ohne Haube und Grill fahren müssen! Die Nerven liegen blank! Die Mehrheit unserer Gruppe ist für das Abstellen! Ich trenne mich nur schweren Herzens von meinem geliebten Robur. Ich setze mir aber in den Kopf ihn auf jeden Fall zu holen. Daran glauben die anderen der Gruppe aber eher nicht und so räumen wir um. Zu Sicherheit stellen ich mitten in der Sahara das Warndreieck auf, schalte das Standlicht ein, befestige einen Zettel mit dem Hinweis „ Fahrzeug defekt! Holen Hilfe! Kommen gleich wieder!“ in Französisch, Englisch und Deutsch hinter der Scheibe und verlassen den Ort mit einer GPS- Markierung zu sechst in einem Robur Richtung Djanet.

Wir erreichen die Perle unter den Oasen 24 h später und sind völlig geschafft. Die anderen glauben nicht so recht an eine Bergeaktion. Aber nachdem der ADAC, wenn auch nicht begeistert, die Kostenübernahme dieser mit Ersatzteilversand und Übernachtungskosten im Rahmen des Schutzbriefes und der Tatsache, dass Algerien Mittelmeeranreinerstaat ist, in Aussicht stellen muß, verlasse ich bereits am nächsten Mittag mit 3 Tuareg, dem kleinen Sohn des Chefs, einem Toyotapickup und einem LKW zur Bergung die Oase.

Was ich nun in den nächsten 48 h erleben durfte, lässt sich in keinem Reisebüro buchen!

Die Anfahrt gestaltet sich gediegen. Man hat Zeit! Es werden regelmäßig längere Pausen zum beten und kochen eingelegt! Die Navigation lässt mich schwitzen. Die Ungewissheit steigt stetig. Er wird er noch stehen, ist er geplündert? Zwischenzeitlich werden wir von einer Polizeipatrouille gestoppt. Wie aus dem Nichts tauchen zwei Geländewagen auf. Mit Maschinengewehren werden wir von den Polizisten, die Uniformjacken lediglich mit Jogginghosen und Hausschuhen ergänzt haben, zum Aussteigen aufgefordert. Die Nervosität ist groß, ich muß mich ohne Französichkenntnisse erklären! Aus heutiger Sicht ist es für mich verständlich, waren die Entführungen deutscher Touristen zu diesem Zeitpunkt bereits im Gange. Ein Weißer mit 3 einheimischen Erwachsen mutterseelenallein in der Sahara. Logisch ist das verdächtig! Wir werden bis zum Sonnenuntergang begleitet. Dann ziehe sich auch die Polizisten anscheinend in ihre Kaserne zurück!

Ich atme auf, der GPS- Punkt rückt näher und ich sehe Lichter. Die beiden neuen LKW-Batterien hatte sich doch gelohnt. Auch nach 48 Stunden brennt noch immer das Standlicht! Alles in Ordnung, mir fällt ein Stein vom Herzen! Nach dem Essen legen wir uns dann erschöpft nieder.

Der nächste Morgen bringt die Ernüchterung. Wie zum Teufel sollen wir den 5,5 t schweren Robur auf den 1,5 m hohen LKW laden?! Dieser besitzt keine Auffahrhilfen! Und nun erleben ich die afrikanische Improvisation mal wieder life kennen.

Der Chef sucht im Umfeld mit dem Toyota ein höher liegende Schotterebene mit einer Abrisskante und zieht den Robur dort hinauf! So nun braucht man mit den Händen nur noch eine kleine Rampe graben und alles ist zur Abreise bereit! Nein, zum Glück hatte ich noch eine Schaufel sowie einen Greifzug mitgenommen und die Sandbleche am Robur belassen. Nach 2 h graben und probieren stand der Robur nun endlich auf dem LKW und wurde mit Ketten verzurrt.

Auf der Rückfahrt nach Djanet konnte ich nun endlich die Schönheit der Sahara genießen und nutze die wieder reichlich eingelegten Pausen zu fotografieren!

Zurück in der Stadt kümmerten wir uns täglich um den Erhalt der Ersatzteile, die irgendwo auf der Strecke verschollen schienen. Wir nutzen die 7 Tage der Ruhe um mit dem verbleibenden  Robur die herrliche Umgebung der Oase zu erkunden!

Wir durften die Gastfreundschaft dem Chef der Bergeaktion und hiesigen Werkstatt in Anspruch nehmen, besichtigten die umliegenden Felsmalereien, sahen das Schlüssellochgrab und die fantasievollen vom Wind geschaffenen Felsformationen des Tassilli-Gebirges und durften am Volksfest der Tuareg teilnehmen. Die ärmsten nahmen auch sehr dankbar unsere mitgebrachten Kleiderspenden an, die wir kurz vor unsere Rückreise noch verteilten!

Die Zeit war vorangeschritten, die Ersatzteile noch immer nicht eingetroffen und machte es erforderlich unsere Reisegruppe im Hinblick auf den Fährtermin zu trennen. So blieb ich mit den beiden Frauen der Gruppe noch in Djanet und wechselte das Getriebe nach dessen Eintreffen allein.

Wir gerieten nun auch etwas unter Zeitdruck, da der bereits durch den ADAC umgebuchte Fährtermin bedrohlich näher rückte.

Deshalb fuhr ich im Anschluss die 1700 km bis zur tunesischen Grenze auch am Stück, allein und in 36 Stunden durch. Aber nicht nur zum Tanken hielten wir an. Wir ließen es uns nicht nehmen die am Weg liegenden Felsgravuren von Tinderhert zu bestaunen.

Aber diese Mammutritt ersparte uns wahrscheinlich den Kontakt mit den Entführern, die zu diesem Zeitraum bereits mehrer Deutsche entführt hatten. Den Plan die Gräberpiste zu fahren hatten wir nämlich aus Zeitgründen zwischenzeitlich aufgeben müssen. Zu diesem Zeitpunkt war uns dies noch nicht bewusst, obwohl uns täglich die Polizei mit Fotos von Deutschen Touristen auf dem Campingplatz Zeriba in Djanet aufsuchte und nach dem Verbleib dieser oder einem möglichen letzten Kontakt zu ihnen befragten.

Der Grenzübertritt zurück nach Tunesien war rasch erledigt, so dass wir noch etwas Zeit in Reserve hatten, um uns am Salzsee Chott el jerid aufzuhalten. Die Zeit lies es auch zu noch zu die Küstenstraße nach Tunis entlang zu fahren und die touristisch geprägte  Urlaubsorte zu besuchen. Der Kulturschock beim Anblick deutscher Pauschaltouristen holt einen schnell in die Realität des Lebens zurück. Mit dem Einkauf kleiner Souvenir's überbrückten wir dann die Zeit bis zur Fähre.

Nach 24 Stunden Überfahrt empfing uns am 03.2003 Marseille bereits mit einem Hauch von Frühling. Die 1400 km bis Dresden erledigten wird dann in 24 h, denn ich hatte es eilig! Denn bereits 1 Tag vorher hätte ich eigentlich schon wieder regulär arbeiten müssen. Aber am Ende waren alle froh, dass wir nicht zu den Entführten zählten!

In diesem Sinne bis zur nächsten Reise, euer Pascha vom Offroadtravelteam. Für Rückfragen stehe ich euch unter marx.rene@web.de zur Verfügung! Genießt die Fotos!